Sonnenlicht fällt durch die hohen Fenster des Gerichtssaales, wir suchen uns alle einen Platz auf den Bänken, leises Geflüster. An der Wand gegenüber hängt ein Kreuz, ansonsten erkennt man vorne den Zeugenstuhl. Es sieht aus wie ein ganz normaler Gerichtssaal, wenn auch etwas prunkvoller. Dann ziehen sich die dunklen schweren Vorhänge zu, eine Leinwände fährt herab und vor uns laufen die Hauptkriegsverbrecher in den Saal 600. Hier wurden sie ab 1945 vor einem internationalen Militärgerichtshof angeklagt. 77 Jahre später sind wir auch da. Denn die Nürnberger Prozesse haben ihren Weg in das Statut des Internationalen Strafgerichtshof gefunden und damit in unsere Völkerrechtsbücher. Um dem nachzuspüren sind wir an einem Freitag morgens mit dem Bus und Frau Schorlemer nach Nürnberg gefahren.
Mittlerweile ist der Saal ausschließlich eine Gedenkstätte mit angegliedertem Museum. Bei einer Führung erfahren, wie besonders es war, dass man die Kriegsverbrecher nicht einfach hingerichtet habe, sondern ihnen einen fairen Prozess geboten hat. Zu meiner Überraschung wurden zwei von ihnen sogar freigesprochen. Vor der Exkursion hatte ich zwar schon von den Prozessen gehört, mir aber sehr viele Fragen noch nicht gestellt: Auf welcher rechtlichen Basis wurde verurteilt? Wer waren die Verteidiger und wer die Ankläger? Wie kam der Prozess in der Bevölkerung an? Insgesamt hat mich die Ausstellung nicht nur fachlich interessiert, sondern auch emotional berührt, schließlich geht es um schwere menschenverachtende Verbrechen. Besonders absurd haben sich die Abschlussaussagen der Angeklagten angehört: Von Reue keine Spur. Nach dem Rundgang haben wir uns in einem Workshop unseren perfekten Internationalen Strafgerichtshof angeschaut und die Ergebnisse abschließend mit der Wirklichkeit verglichen. Hier zeigt sich auch noch mal die Aktualität des Themas: Mit der Dokumentation von möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine wurde schon begonnen, als Vorbereitung auf eine Anklage beim IStGH.
Und naja, nach all dem gab es: Pizza in einer kleinen Gasse in Nürnberg.
Ein Artikel von Anna Abraham
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